Gehe gleich zum Hauptinhalt

PRESSE-INFORMATION AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen e. V. (AVG):

Faktencheck zu den Pressemeldungen der Berliner Gesundheitssenatorin und der AOK Nordost vom 9. Januar 2018: „Mehr Geld für Pflegekräfte – Land und Pflegekassen einigen sich mit Pflegediensten“

Berlin (12. Januar 2018)

Der AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen e. V. (AVG) weist seit Jahren auf den Pflegefachkraftmangel, den Wandel in der Pflegebranche und die notwendige Refinanzierung der Leistungen hin. Der Verband und die von ihm vertretenen Pflegedienste haben ein großes Interesse daran, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser zu bezahlen. Dies wird von uns seit langem in alle diesbezüglichen Verhandlungen als Forderung eingebracht und mit Nachdruck vertreten.

Am 9. Januar 2018 haben die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und die AOK Nordost Verlautbarungen an die Presse gegeben. Thema war: „Mehr Geld für Pflegekräfte – Land und Pflegekassen einigen sich mit Pflegediensten“.

Die Meldungen sind auf ein hohes Interesse in der Öffentlichkeit gestoßen. Umso bedauerlicher ist es, dass sie voreilig und einseitig gefärbt herausgegeben wurden. Sie haben mehr verschleiert, anstatt transparent einen wichtigen Sachverhalt zu erläutern. Hohe Erwartungshaltungen der beruflich Pflegenden wurden damit bewusst geschürt. Und dies vor dem Hintergrund, dass das Verhandlungsergebnis noch nicht unterzeichnet ist. Lediglich eine Verhandlungszusammenfassung der Sitzung vom 20. Dezember 2017 wurde den Verbänden der Leistungserbringer am 10. Januar 2018, und somit im Nachgang zur Veröffentlichung der Pressemeldungen, übermittelt.

Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kolat und das AOK Nordost-Vorstandsmitglied Frank Michalak haben mit der Herausgabe ihrer Meldungen unverantwortlich gehandelt. Der Partnerschaft zwischen den Verbänden der Leistungserbringer, des Gesundheitssenats und der AOK Nordost hat man damit einen schlechten Dienst erwiesen. Hinzu kommt, dass sowohl Frau Kolat als auch Herr Michalak an den Verhandlungsgesprächen für eine Vergütungserhöhung persönlich nicht beteiligt waren.

Wenn die Fakten der Pressemeldungen alle substantiell und zutreffend hinterlegt wären, wäre eine Lohnerhöhung um 6 Prozent eine sehr gute Nachricht für die Pflege. Denn die beruflich Pflegenden brauchen, wie bereits ausgeführt, dringend eine angemessenere Bezahlung ihrer Leistungen, als dies heute möglich ist. Das wird vom AVG nachdrücklich unterstützt.

Fakt ist jedoch, dass die sogenannte Einigung weder protokollarisch konsentiert ist, noch liegt das konkrete Angebot der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und der Pflegekassen vor. Kritik wird daher seitens des AVG vor allem an der Vorgehensweise und der Art und Weise des Umgangs mit der wichtigen Botschaft durch die beiden Kostenträger geübt. Denn hier wurden bewusst wichtige Fakten verschwiegen.

Wenn man eine sogenannte Einigung verkündet, wäre es zunächst einmal sinnvoll gewesen, das mit den richtigen Partnern zu tun und vor allem auch alle Partner mit einzuschließen, also auch die Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Ambulante Pflege (AAP). Spätestens hier wäre aufgefallen, dass das Ergebnis doch differenzierter zu betrachten ist, als es im Augenblick pressewirksam einseitig dargestellt wurde.

Bei den Pressemeldungen entsteht der Eindruck, dass hier enorm viel neues Geld zur Verfügung gestellt wird, um die Gehälter der beruflich Pflegenden zu verbessern.

Die Pflegekassen zahlen an ihre Versicherten bei Sachleistungen eine feste Summe. Um es einfach darzustellen: Wenn ein Patient jeden Monat im Pflegegrad 3 bei ambulanter Pflege 1.298 Euro von der Pflegeversicherung erhält und eine der Pflegeleistungen 20,00 Euro kostet, so kostet sie bei einer 6 %-igen Steigerung dann 21,20 Euro. Das sind 1,20 Euro pro Leistung mehr. Damit kann der Patient zunächst einmal deutlich weniger an Leistungen einkaufen. Denn alle Kosten, die über die zur Verfügung stehenden 1.298 Euro hinausgehen, muss er selbst bezahlen.

Wenn also der Patient nun die Anzahl der von einem Pflegedienst bezogenen Pflegeleistungen reduziert, um kein Geld zusätzlich auszugeben, hat der Pflegedienst keinen Cent mehr durch die jetzt exzessiv verkündete Erhöhung der Vergütung erhalten.

Anders sieht es beim Sozialhilfeträger aus. Der wird diese Differenz bei Vorliegen der sozialhilfe-rechtlichen Voraussetzungen zahlen müssen. Die Pflegekassen zahlen somit keinen Cent mehr, lediglich der Sozialhilfeträger ist hier direkt gefordert, die Mehrausgaben bei entsprechenden Bedarfen zu begleichen.

Hinzu kommt: Das noch nicht unterschriebene Verhandlungsergebnis bezieht sich nur auf den Bereich des SGB XI (der Pflegeversicherung). Mögliche Mehrerlöse zur Bezahlung der höheren Gehälter können damit auch nur im Bereich der Leistungen der Pflegeversicherung erzielt werden. Jetzt arbeitet aber die Mehrzahl der Mitarbeiter sowohl im Bereich des SGB XI als auch in dem des SGB V (Leistungen der Häuslichen Krankenpflege).

Im Bereich des SGB V fehlt dem Pflegedienst somit die Refinanzierung der höheren Gehälter. Auch für den SGB V-Bereich muss daher schnellstmöglich eine entsprechende Refinanzierungsform zumindest in gleicher Höhe von allen Krankenkassen akzeptiert werden.

Zu beachten ist auch, dass eine Erhöhung der Vergütungen der von einem Patienten abrufbaren Leistungen aus dem SGB XI-Bereich (Pflegeversicherung) erst einen Monat später abgerechnet wird. Wiederum einen Monat später liegt der Geldeingang beim Pflegedienst vor. Die in den Pressemeldungen versprochene Lohnerhöhung zum 1. März wäre somit vom Pflegedienst auszulegen, ungeachtet dessen, ob die zusätzlichen Erlöse überhaupt erzielt werden.

Diese Hintergründe fehlen in den oben genannten Meldungen. Es ist bedauerlich, dass die gemeinsamen Verhandlungen nun zu einseitigen Darstellungen benutzt wurden und keine ehrliche, differenzierte Darstellung der wichtigen Thematik stattgefunden hat. Vor dem Gang an die Öffentlichkeit wäre ein Abstimmungsprozess sinnvoll und notwendig gewesen. Dieser ist nicht erfolgt.

Zudem fehlt in den Veröffentlichungen, dass es in den noch nicht konsentierten Ergebnissen zwei Varianten eines Abschlusses gibt. Es bleibt festzuhalten: Durch die Pressemeldungen und die Berichte in den Medien ist eine Erwartungshaltung geweckt worden, welche die Pflegedienste extrem unter Druck setzt.

Grundsätzlich ist es ein Weg in die richtige Richtung, wenn man an der Erhöhung der Gehälter der beruflich Pflegenden ansetzt. Die unter dieser Prämisse erzielten Verhandlungsergebnisse müssten jedoch noch weitaus höher ausfallen, als jetzt vorgesehen – wenn man es seitens der Kostenträger ernst meint.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Pflegediensten haben es mehr als verdient, dass ihre Gehälter deutlich steigen. Es ist aber ein sehr sensibler Bereich, in dem auch viele kleine und mittelständische Unternehmen arbeiten. Diese stoßen bereits heute an Kapazitätsgrenzen und finden kaum noch Mitarbeiter.

Hier gilt es behutsam zu agieren. Die notwendigen Schritte müssen detailliert vorbereitet und abgesprochen werden. Das ist Partnerschaft. Die jetzt erfolgte einseitige Eigendarstellung, die zu großen Irritationen, vielen Gesprächen und zu einer unnötigen Verärgerung auf der Seite der Pflegedienste geführt hat, steht dem entgegen.

Ansprechpartner:

Thomas Meißner
Vorstandsmitglied des AVG

AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen e.V. (AVG)
Berufsstandsvertretung für ambulante und teilstationäre Pflege

Schönholzer Str. 3, 13187 Berlin
Telefon: (0 30) 49 90 53 80
Telefax: (0 30) 49 90 53 88

Pressemitteilung als <link file:1002 _blank download des>PDF zum Download.

 

© 2024 AVG e.V. | Webdesign by Headshot.Berlin